4. November. Zurzeit warten viele der 103 nach Seligenstadt geflüchteten Afghanen auf ihren Bescheid, ob sie hier bleiben können oder nach Afghanistan abgeschoben werden. Heute hat ein Familienvater aus Afghanistan erfahren, dass sein Bruder an den Folgen eines Terroranschlages gestorben ist– eine Woche lang hat er um sein Leben gekämpft, nachdem ihm durch eine Bombe beide Beine und ein Arm abgerissen wurden. Die Eltern kamen vor zwei Jahren bei einem Bombenanschlag ums Leben.
Die Angst geht um, wieder zurück zu müssen, zurück in die Bedrohung, der die Menschen entflohen sind. Sie haben niedergeschrieben, was in ihnen vorgeht, was Sie empfinden, wovor Sie Angst haben. Wir geben den Text weiter, möge jeder sich seine Gedanken dazu machen. Die Autorinnen und Autoren sind uns bekannt.
Bald kommt Weihnachten und danach ist Silvester. Die Deutschen sind glücklich und kaufen sich neue Sachen, Süßigkeiten für die Kinder … Die Kinder freuen sich auf das Weihnachtsfest und die Geschenke, die sie von ihren Eltern und Verwandten bekommen werden. Es ist schön zu sehen, dass viele Menschen sich über ein kulturelles und religiöses Fest freuen.Die Gläubigen gehen in die Kirchen und singen. Sie singen Lieder über Gerechtigkeit, über Frieden und Freude …
Wir freuen uns auch mit euch, dass ihr glücklich seid.
Aber was machen wir Flüchtlinge aus Afghanistan in dieser Zeit?
Worauf bereiten wir uns vor?
Wie glücklich sind wir?
Warum sind wir nach Deutschland geflohen?
W as haben wir uns gewünscht?
Wir leben in Flüchtlingsunterkünften mit Flüchtlingen aus dem Irak, aus Syrien, dem Iran und aus Afrika! Wir sind alle vor Terror, Krieg und vielen Arten von Gewalt geflohen. Viele Flüchtlinge aus anderen Ländern können ihre Zukunft planen. Sie haben ihr Ziel erreicht. Auch wir möchten – wie viele Flüchtlinge aus anderen Ländern – unsere Zukunft planen. Auch wir möchten endlich ankommen und unser Ziel erreichen und uns integrieren dürfen. Viele Flüchtlinge aus Afghanistan müssen sich darauf vorbereiten, weiter zu fliehen. Sie denken weiter an Flucht, weil sie mit ihren Geschichten, Wünschen und ihren Ängsten in Deutschland keinen Schutz finden.
Wir sind traurig, weil das Leben von uns, unseren Kindern und Familien auf dem Spiel steht. Wir denken an das schreckliche Leben, das in Afghanistan auf uns wartet. Wir fühlen uns allein. Überall herrscht große Angst vor Abschiebung.
Die deutsche Regierung plant, die Afghanen zurück nach Afghanistan zu schicken. In ein Land, in dem jeden Tag Bomben explodieren und Menschen erschossen werden. Wir sind vor Terror und Gewalt geflohen und hatten gehofft, dass wir auf ein Leben in Frieden und Freiheit bauen können, aber jetzt haben viele ihre Hoffnung verloren.
Ich bitte alle Lehrerinnen/Lehrer und Schülerinnen und Schüler, die Kirchgemeinde und alle Menschen, die hilfsbereit sind und alle anderen, die an Menschlichkeit glauben: Lassen Sie uns nicht allein! Unterstützen Sie uns, damit wir gegen Abschiebung und Ungerechtigkeit kämpfen können. Wir sind auch ein Teil der großen Familie der Menschen.
Ja, wir kommen aus Afghanistan.
Wir sind Muslime.
Wir haben eine andere Kultur.
Wir haben eine andere Hautfarbe.
Aber trotz aller Unterschiedlichkeit sind wir Menschen wie ihr. Wir haben auch rotes Blut. Wir haben auch eine Seele. Wir sind enttäuscht, wenn etwas schief geht, genau wie ihr. Wir freuen uns genau wie ihr, wenn etwas Gutes passiert.
Deshalb wünschen wir uns auch Weihnachtsgeschenke, und am meisten wünschen wir eure Solidarität mit uns gegen Abschiebung. Wir sind zu euch gekommen. Für diesen Weg haben wir alles verloren. Lasst uns nicht allein. Wir sind miteinander verbunden! Ladet uns ein in eure Schulen und in eure Gruppen und Kreise. Teilt mit uns unsere Geschichten und unsere Befürchtungen.
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