Hashmat freut sich über seinen Ausbildungsvertrag
Foto: Bassam Darawcheh
1. September 2017. Hashmat ist 24 Jahre alt und kommt aus Afghanistan. Zwei Monate hat die Flucht aus seinem Heimatland gedauert, meist ist der junge Mann dabei gelaufen. Wie viele und welche Länder er durchquert hat, kann er heute gar nicht mehr sagen. Aber eines weiß er, ohne auch nur den Bruchteil einer Sekunde überlegen zu müssen: „Seit 4.9.2015“ ist er in Deutschland.
Am heutigen 1. September beginnt Hashmat in Neu-Isenburg eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Elektriker. Ganz neu ist dieses Arbeitsgebiet für ihn nicht. In Kabul hat er bereits fünf Jahre als Elektriker gearbeitet, neben seinem Studium der Betriebswirtschaft. „Elektriker – das war damals eher mein Hobby“, sagt der 24-Jährige lächelnd. Das Studium stand für den jungen Mann im Mittelpunkt. „Mein Vater wollte, dass ich Arzt werde und meine Mutter sah mich eher als Politiker“, erzählt Hashmat rückblickend. Aber er entschied sich für BWL. Tagsüber arbeitete er als Elektriker, abends ging er zur Uni. Das Studium konnte er jedoch nicht beenden: Ein halbes Jahr vor seinem Abschluss flüchtete er aus dem Land, in das er 1993 geboren worden war.
Mehr als 5.000 km Luftlinie von seinem einstigen Studienort Kabul entfernt wird das Hobby nun zum Beruf. Für Hashmat bedeutet der Ausbildungsvertrag nicht nur die Chance auf ein berufliches Weiterkommen in Deutschland. Der Vertrag gibt ihm auch die Gewissheit, für die Dauer der Ausbildung in Deutschland bleiben zu können. Sein Status entspricht dann der „Duldung“. Vor allem in den letzten Monaten litt der junge Mann sehr unter der ungewissen Zukunft und der ständig drohenden Abschiebung in das Land, das er aus nachvollziehbaren Gründen verlassen hat. Nun wirkt er wieder fröhlich und zuversichtlich.
Sprache als Schlüssel
„Der Ausbildungsvertrag ist das Beste, was ihm passieren konnte“, sagt Marlies Sieber. Sie steht Hashmat als ehrenamtliche Helferin des Arbeitskreises Willkommen in Seligenstadt helfend zur Seite, begleitete ihn zu Ämtern, informierte ihn über bürokratische Abläufe und kulturelle Gepflogenheiten in Deutschland. Im Sprach- und Begegnungszentrum FLIDUM („Flüchtlinge lernen integrativ Deutsch und mehr“) des AK Willkommen hat der junge Mann aus Afghanistan Sprachkurse besucht.
Mit Erfolg: In der vor zwei Jahren für ihn noch völlig fremden Sprache kann er sich bereits gut verständigen. Parallel zur Ausbildung möchte Hashmat seine Deutschkenntnisse weiter verbessern.
Möglich wurde der Ausbildungsvertrag nach einem insgesamt dreimonatigen Praktikum bei zwei verschiedenen Unternehmen in der näheren Umgebung. Mitgeholfen haben die Kreishandwerkerschaft Offenbach und der Kreis, indem sie die Vermittlung der Ausbildungsstelle und die Versetzung in die Nähe der Ausbildungsstätte zeitnah auf Bitten des AK Willkommen in Seligenstadt ermöglichten. Bei dem zweiten Unternehmen in Offenbach wäre eine Ausbildung zum Elektriker erst im August 2018 möglich gewesen.
Langweilig wird es Hashmat in den nächsten Monaten und Jahren jedenfalls nicht werden: Arbeitsbeginn ist um 7 Uhr; Lernen für die Berufsschule und die Suche nach einer Wohnung stehen zusätzlich auf dem Programm. An Motivation mangelt es dem jungen Mann dennoch nicht. „Ich will das machen!“, sagt Hashmat. Und man sieht seinen strahlenden Augen an, wie sehr er sich auf seinen neuen Lebensabschnitt freut.
Ausbildungsplätze für Flüchtlinge: Hilfestellung des AK Willkommen
Das Netzwerk des AK Willkommen in Seligenstadt ist folgendermaßen aufgestellt: Die Sprachlehrer im FLIDUM prüfen, ob Förderkurse erforderlich sind oder ob der Level B1 als Mindestvoraussetzung bereits gegeben ist. Dieser Sprachkenntnis-Level ist auch erforderlich, um in der Berufsschule bestehen zu können. Die Sparte Arbeit und Ausbildung des AK Willkommen in Seligenstadt hilft bei der Erfüllung der formalen Voraussetzungen, vor allem bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen. Über Helferinnen und Helfer dieser Sparte oder über Mitglieder der Steuergruppe erfolgt die Kontaktaufnahme mit relevanten Institutionen und Personen im Netzwerk – IHK, Pro Arbeit, Kreishandwerkerschaft, Ausländerbehörde, persönliche Verbindungen. Während der Ausbildung können die Schülerinnen und Schüler im FLIDUM Unterstützungskurse für die Berufsschule besuchen.
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