11. November 2018. Der Kreistag des Kreises Offenbach und die Gemeindevertretungen haben eine neue Satzung erlassen: Die Gebühren für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften wurden um 93 % (!) von 194 € auf 375 € erhöht.
Die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer der Kreisgemeinden – auch der AK Willkommen in Seligenstadt –versuchen seit August 2018 in Gesprächen mit der Verwaltung und der Politik, soziale Regelungen zu erreichen. Nach unserer Auffassung bedingt die Neuregelung eine Reihe integrationshemmender Maßnahmen und benachteiligt die Geflüchteten bei ihrem Zugang zu Arbeit und zum Ausbildungsmarkt.
Bislang waren unsere Gespräche nicht erfolgreich. Zuletzt hatte der Kreistag in seiner Sitzung am 31. Oktober 2018 soziale Regelungen mit breiter Mehrheit zurückgewiesen. Viele Menschen können aufgrund der Komplexität der Gesamtproblematik nicht auf die Schnelle nachvollziehen, worin genau die Benachteiligungen bestehen. Deshalb werden wir einzelne Problemfelder beleuchten, um aufzuzeigen, was das für uns vor Ort bedeutet.
Heute betrachten wir das Thema “Ausbildung”:
Ein jugendlicher Geflüchteter im Asylverfahren, der in Hainburg, Seligenstadt oder Mainhausen in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen muss, bekommt von seiner Ausbildungsvergütung lediglich den Grundbedarf nach §2 AsylblG i.V.m §27a SGB XII von 416 €, abzüglich einer Pauschale von 33,33 €, also 388,69 €. Angerechnet werden ihm seine Kosten für Arbeitsmittel und ein geringer Freibetrag. Was ihm darüber hinaus gezahlt wird, muss er in Höhe von bis zu 375 € (für ca. 8 qm Wohnfläche) an die Gemeinde oder den Kreis abführen als Nutzungsgebühr.
Die Erhöhung der Ausbildungsvergütung für das zweite oder dritte Ausbildungsjahr wird demnach an die Stadt und den Kreis gezahlt. Das Handwerk sucht dringend Auszubildende, dabei steht auch die Erhöhung der Vergütungen in der Diskussion. Aufgrund der Regelung kommt diese Erhöhung bei den Geflüchteten nicht an, sie landet in der Gemeindekasse in Hainburg oder Mainhausen, dem Kreis oder der Stadt Seligenstadt.
Anders sieht es aus, wenn ein jugendlicher Geflüchteter z. B. nicht in Mainhausen untergebracht ist, sondern in Frankfurt. Dort beträgt die Nutzungsgebühr zwar 710 € pro Person. Auszubildende, Schüler und Studenten zahlen jedoch aufgrund sozialer Regelungen maximal 148 €.
Vor dem Gesetz sind alle gleich, in der Politik kommt es wohl darauf an, ob man im Kreis Offenbach wohnt!
PS: Betriebe und Handwerker haben bereits alleine aus den Reihen der Seligenstädter Jugendlichen 15 Ausbildungsplätze besetzten können. Gerade auf dem hart umkämpften Ausbildungsmarkt haben die Politiker nun einen Wettbewerbsnachteil für unsere Handwerker, unsere Betriebe und für die Geflüchteten im Kreis Offenbach geschaffen. Hier – und bei anderen Sachverhalten – besteht dringender Handlungsbedarf. In vielen einzelnen Gesprächen mit Abgeordneten wurde deutlich, dass bei der Beschlussfassung über die Satzung nicht ausreichende Klarheit über die sich daraus ergebenden Konsequenzen bestand. Deshalb hoffen wir auf klärende Gespräche und Regelungen.
Wir werden über weitere konkrete Fälle berichten!
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