Der Arbeitskreis Willkommen in Seligenstadt wurde im Herbst 2014 als private Initiative ins Leben gerufen: Die Gründungs-versammlung erfolgte am 18. November 2014 in Seligenstadt. Initiator, Gründer und Hauptmotivator war Burkard Müller. Er starb Anfang des Jahres: Am 2. Januar 2019 erlag er einer Herz-erkrankung, die ihm bereits seit längerer Zeit zu schaffen machte.
“Wie geht es nun weiter?”
Das war die Frage, die sich den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern nach diesem Schicksalsschlag stellte. Die Mitglieder der „Steuergruppe“ des AK Willkommen trafen sich zu Abstimmungs- und Planungsgesprächen. Sie waren sich einig: Der AK Willkommen wird weitermachen: Er wird sich auch weiterhin für die geflüchteten Menschen in und um Seligen-stadt engagieren, sie bei ihren Integrationsbemühungen unterstützen.
Der AK Willkommen hält an seinen Zielen fest:
- Förderung und Stärkung der Willkommenskultur
- persönliche Betreuung von Geflüchteten
- Vermitteln von Deutschkenntnissen
- Sicherstellung der Grundversorgung
- Integration der Geflüchteten in das soziale und berufliche Leben
Dass diese Entscheidung fiel, ist keine Selbstverständlichkeit. Die – einhellig getroffene – Entscheidung zeigt, wie stark und wie gut fundiert der AK Willkommen aufgestellt ist. Dem von Gründer Burkard Müller praktizierten System der hohen Eigenverantwortlichkeit der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist der erfolgreiche Fortbestand des AK zu verdanken.
Was hat der AK Willkommen bisher erreicht?
Der Arbeitskreis setzt sich aus Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die Willkommenskultur leben und Seligenstädter Flüchtlingen Hilfestellung geben. Jeder ehrenamtliche Helfer ist gleichberechtigt und gleichermaßen verantwortlich. Die Helferinnen und Helfer definieren ihre Aufgabenfelder und die daraus erwachsenen Funktionen durch die Übernahme von Ver-antwortung und von Aufgaben im Sinne der Zielsetzung – je nach ihren individuellen Fähig-keiten, Kenntnissen und Interessen.
Die Aufnahmebereitschaft und der Integrationswille der Bürgerinnen und Bürger von Seligen-stadt sind entscheidend für das Gelingen der Integration und für die Sicherheit der Geflüchte-ten und ihrer Helfer. Insgesamt lässt sich für Seligenstadt ein positives Resümee ziehen. Als Messlatte für die Aufnahmebereitschaft dienen folgende Sachverhalte und Beobachtungen:
- das hohe nachhaltige Engagement zahlreicher Helferinnen und Helfer im AK Willkommen
- die Spendenbereitschaft der Bevölkerung, der Vereine und der Wirtschaft
- die Entwicklung von Freundschaften und Patenschaften
- die Öffnung des Wohnungs- und des Arbeitsmarktes
- der Respekt im gegenseitigen Umgang
- die Teilnahme an Begegnungsangeboten (z. B. Begegnungscafés)
- der Zugang zum städtischen Leben, zu Vereinen, Sport, Kultur, gesellschaftlichen Ereignis-sen
Begegnungen machen Fremde zu Bekannten und beugen Gerüchten vor. Mit den Tagen der offenen Tür in FLIDUM und FUNDUS, mit der Plakataktion “Was Sie schon immer über Flüchtlinge wissen wollten”, mit regelmäßigen Presseberichten, einer eigenen aktuellen Homepage und Facebook-Präsenz sowie den öffentlich zugänglichen Sitzungen des Arbeitskreises Willkommen in Seligenstadt schafft der AK Willkommen Transparenz. Seligenstädter sind nicht auf Gerüchte angewiesen, sie können sich authentisch informieren.
Der AK Willkommen fördert dies z. B. durch einen eigens erstellten Flyer, der im Jahr 2016 an alle Haushalte verteilt wurde. Hinzu kam die wiederholte Plakataktion “Was Sie schon immer über Flüchtlinge in Seligenstadt wissen wollten”.
Das im Juni 2016 im Beisein von Hessens damaligem Sozialminister Stefan Grüttner eröffnete Sprach- und Begegnungszentrum FLIDUM hat sich gut etabliert. FLIDUM ist ein der Integration von Flüchtlingen dienendes Projekt. Der Projektname steht für Flüchtlinge Lernen integrativ Deutsch und mehr“. Ziel von FLIDUM war und ist es, einen zentralen Ort für den Spracherwerb, die Ausbildung und Arbeitsfindung sowie einen festen Orientierungspunkt für den Austausch mit Behörden, Bürgern und Vereinen zu schaffen.
Unterricht im FLIDUM
Das Engagement des AK Willkommen ist weit über die Grenzen Seligenstadts und des Kreises Offenbach hinaus bekannt. So war der AK Willkommen im April 2017 zu einem Empfang der Bundeskanzlerin in Berlin geladen. Als eine von 140 Helferinnen und Helfern aus ganz Deutschland nahm eine Repräsentantin des AK Willkommen daran teil – eine Auszeichnung der besonderen Art.
Seit Bestehen von FLIDUM haben viele Schülerinnen und Schüler erfolgreich an Kursen teilgenommen. Aktuell nehmen mehr als 100 Personen regelmäßig an Sprachkursen in FLIDUM teil. Viele der Schülerinnen und Schüler konnten mit guten Startbedingungen in staatlich geförderte Kurse, eine Berufsausbildung oder ein Arbeitsverhältnis wechseln. Der AK Willkommen unterstützt Auszubildende individuell berufsbegleitend, um den berufsspezifischen, sprachlichen Anforderungen insbesondere in der Berufsschule gerecht zu werden.
Es gehört zu den Stärken des AK Willkommen, aktuelle Entwicklungen zu beobachten, zu analysieren und ggf. mit geänderten oder neuen Maßnahmen darauf zu reagieren. Mittlerweile ist FLIDUM nicht nur Anlaufstelle für Geflüchtete, sondern auch für andere hilfsbedürftige Menschen.
Auch der FUNDUS, das Sachmittellager des AK Willkommen, steht nicht mehr nur Geflüchteten zur Verfügung. Mit neuem Konzept kommt das Sachmittelzentrum FUNDUS seit 1. Juni 2017 der geänderten Bedarfssituation entgegen. Nicht nur Flüchtlinge, auch andere Bedürftige
in Seligenstadt können das Hilfsangebot im FUNDUS nutzen. Mit der Neukonzeption können über die Grundversorgung hinaus nicht nur Geflüchtete, sondern auch Sozialhilfeempfänger und Bedürftige aus Seligenstadt einen Teil ihres Bedarfs an Kleidung, Haushaltsutensilien und anderen Gegenständen des alltäglichen Lebens decken. Der AK Willkommen hat den neuen Anforderungen Rechnung getragen und entsprechende Umgestaltungen vorgenommen.
Begegnungscafé am 16. März 2019
Alle 4 bis 6 Wochen findet an einem Samstagnachmittag ein Begegnungscafé statt, meist im Evangelischen Gemeindezentrum, das auch über einen großzügigen Außenbereich verfügt. Die Cafés sind stets sehr gut besucht: Meist kommen ca. 150 bis 200 Gäste. Bei Seligenstädtern
und bei Geflüchteten sind die Cafébesuche so beliebt, weil sie in einer völlig ungezwungenen Atmosphäre stattfinden. Es wird viel geredet, manchmal macht jemand Musik, oft haben Geflüchtete Buffets mit Speisen aus ihrem Heimatland vorbereitet. Auch die Kinder sind dabei, denn sie können die vielfältigen Angebote des Spielmobils vom Kinderclub des
evangelischen Gemeindezentrums nutzen.
Im Aufgabenspektrum des AK Willkommen sind die Begegnungscafés ein wichtiges Element zur Schaffung von Öffentlichkeit, zum Kennenlernen und zur Herstellung von Kontakten. Für die Geflüchteten eignen sich die Treffen auch sehr gut zur Erprobung der in den Deutschkursen erworbenen Kenntnisse.
Zu jedem Begegnungscafé modifiziert eine ehrenamtlich tätige Grafikerin ein bestehendes Basisplakatmotiv, das einige Tage zuvor an gut sichtbaren Plätzen in und um Seligenstadt auf den nächsten Termin hinweist. Gemeinsam mit Pro Arbeit des Kreises Offenbach organisierte die AG Arbeit im März 2017 unter dem Titel “Job to Go” eine Bustour für Geflüchtete und Schüler aus Abgangsklassen zu Betrieben in den drei Kommunen Seligenstadt, Hainburg und Mainhausen. Ziele waren das
Kennenlernen von Berufsbildern in den unterschiedlichen Unternehmen und das Herstellen persönlicher Kontakte. 14 Betriebe der näheren Umgebung beteiligten sich an dieser Aktion.
Bewusst wurde die Job to Go- Tour nicht nur für Geflüchtete durchgeführt, sondern richtete sich in Zusammenarbeit mit den Schulen auch an Jugendliche, die sich für einen Ausbildungsplatz interessieren.
Konkurrenzdenken war bei dieser Aktion kein Thema, schließlich gelingt es Unternehmen in der Region nicht, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Die Teilnehmer an der Job to Go-Tour waren beeindruckt, auch von dem Aufwand und der Zeit, die sich die Betriebe nahmen, um Aufgaben und “Innenleben” vorzustellen. Darüber hinaus wurde im Mai 2017 für Geflüchtete ein gemeinsamer Besuch der Berufsbildungsmesse in Offenbach vorbereitet und organisiert. Die Durchführung weiterer Informations- und Kontaktveranstaltungen ist geplant.
Über die Angebote des Arbeitskreises hinaus gibt es eine Vielzahl einzelner Aktivitäten und Patenschaften, Freundschaften zwischen Geflüchteten und der Seligenstädter Stadtbevölkerung, bis hin zu Patenschaften in Betrieben und pädagogischen Einrichtungen. Begegnungstreffen und öffentliche Veranstaltungen werden nachhaltig gut besucht.
Über die stets aktuelle Homepage und den Facebook-Auftritt des AK Willkommen kann die Bevölkerung die Geschehnisse zeitnah mitverfolgen. Die Presse berichtet regelmäßig über relevante Ereignisse. Vor allem die Facebook-Beiträge zeigen immer wieder, dass die Aktivitäten des AK Willkommen wahrgenommen und meist außerordentlich positiv bestätigt werden.
Zum 1. März 2019 hat der AK Willkommen seine Webseite auf eine neue Plattform migriert, da die ehemalige Umgebung keine mobilen Geräte unterstützte und auch nicht mehr weiterentwickelt wurde. Als ehrenamtlich betriebene Organisation entschied sich der AK Willkommen für die kostenlose Option der gängigen Software WordPress.
Die unter der Rubrik „Presse“ gelisteten Pressemeldungen des AK Willkommen und die dort dokumentierten Online-Veröffentlichungen spiegeln die Aktivitäten, Maßnahmen und Erfolge des AK Willkommen wider:
- http://ak-willkommen.org/presse/pressemeldungen/,
- http://ak-willkommen.org/presse/veroeffentlichungen/.
Was möchte der AK Willkommen in den kommenden Jahren erreichen?
Aktuell leben in Seligenstadt rund 300 Geflüchtete. Es sind
- Asylbewerber, Geduldete, Anerkannte, Abgelehnte, die auf ihre Abschiebung warten
- Geflüchtete, die arbeiten dürfen oder Arbeit haben
- Geflüchtete, die nicht arbeiten dürfen
- Geflüchtete, die auf eine Wohnung warten
Die meisten von ihnen leben in Gemeinschaftsunterkünften. Das langjährige Zusammenleben auf engstem Raum schafft soziale Probleme und birgt Gefahren für die Sicherheit – eine Situation von zunehmender Brisanz. Das Thema Wohnen beschäftigt den AK Willkommen daher sehr, aber nicht nur dieses. In allen Bereichen der Integration gibt es noch viel zu tun:
- Sprachförderung
- Ausbildung
- Arbeit
- Wohnen
- Kommunikation.
Nach der Migration und Neugestaltung der Website möchte der AK Willkommen die vielfältigen neuen Möglichkeiten nutzen, zudem die Webseite nach und nach auf einen aktuelleren Stand bringen. Vervollständigt werden soll dabei auch das Beitragsarchiv, das einen Rückblick auf die Aktivitäten und das vielfältige Engagement des AK Willkommen erlaubt.
Der Arbeitskreis finanziert sich aus Spenden der Bevölkerung, durch Zuwendungen von Firmen, Verbänden, Vereinen sowie sozialen und religiösen Einrichtungen. Die Miet- und Mietnebenkosten für FLIDUM übernimmt die Stadt Seligenstadt. Die Räumlichkeiten für den FUNDUS sind dem AK Willkommen in Seligenstadt kostenfrei überlassen. Der überwiegende Teil der Kosten für Sprachunterricht, Begegnungen und Fundus ist aus Spenden zu finanzieren. Die Trägerschaft für FLIDUM hat die Katholische Kirchengemeinde St. Marien übernommen, bei der auch das Konto des Arbeitskreises geführt wird. Die Verwendung der Mittel und der Betrieb von FLIDUM obliegen nach internen Vereinbarungen dem Arbeitskreis. Die Buchhaltung der Kasse wird extern geführt und der Revisor berichtet der Vollversammlung.
Am heutigen 18.11.2019 feiert der AK Willkommen sein 5-jähriges Bestehen. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer werden diesen Zeitpunkt wieder nutzen, um ihre Arbeit rückblickend zu bewerten und mit Blick auf die kommenden Herausforderungen zu entscheiden, welche Maßnahmen das soziale Engagement in Seligenstadt weiter fördern.
Klar ist schon jetzt: Im Mittelpunkt steht nach wie vor allem ein Ziel – die Sprachvermittlung als Schlüssel für erfolgreiche menschliche und berufliche Integration.
AK Willkommen, 18. November 2019
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