Von der Versorgung zur Begleitung

Von der Versorgung zur Begleitung

AK Willkommen in Seligenstadt heute
Vereinsgründung

„Veränderte Anforderungen verlangen neue Ideen und neue Strukturen“, sagt Henning Berz vom Lenkungsteam des Arbeitskreises (AK) Willkommen in Seligenstadt. Diese allgemeine Weisheit treffe in vielen Beziehungen auf die Seligenstädter ehrenamtliche Initiative zur Integration von Geflüchteten zu.

Als Ende 2015 die Fluchtbewegung auch in Seligenstadt angekommen war, hatten sich mehr als 400 Seligenstädter Bürger spontan zu einer Initiative zusammengefunden, um die Dinge anzupacken, für die unser Gemeinwesen zur Bewältigung der Integration von Geflüchteten noch keine geeigneten Strukturen vorweisen konnte. So entstanden, angeführt von Burkard Müller als stetem Motivator, das FLIDUM mit nicht durch öffentliche Programme geförderten Sprach- und Integrationskursen, der FUNDUS als Sammel- und Ausgabestätte für Erstausstattungen von Flüchtlingsfamilien, das allmonatliche Begegnungscafé als multikulturelles Event sowie Aktivitätenreihen mit Veranstaltungen zur kulturellen und beruflichen Integration.

Die Themen Spracherwerb und multikulturelle Sensibilisierung seien auch in Zeiten rückläufiger Neuzugänge von Geflüchteten eine wichtige Aufgabe, erläutert Hanne Auer, die für die Konzeption des FLIDUM verantwortlich ist. Auch heute würden Ehefrauen und ältere Geflüchtete wie auch viele Migranten noch häufig durch das Förderungsraster fallen, brauchten Jugendliche begleitende Hilfen bei der schulischen und beruflichen Ausbildung. Das FLIDUM leide, wie alle Bildungsinstitutionen, sehr unter der Pandemie. Das Konzept virtuellen Unterrichts sei mangels finanzieller Förderung noch schwerer umzusetzen.

Thema Pandemie: „Durch Rückfragen beim Integrationsbüro und bei den Betreuungsorganisationen haben wir festgestellt, dass es in der Bereitstellung von Atemschutzmasken ein paar Lücken gab“, berichtet Marlit Budis vom Lenkungsteam des AK Willkommen. Also wurden aus Spendenmittel und mit Unterstützung eines Seligenstädter Unternehmens Masken für Erwachsene und Kinder besorgt und in den örtlichen Flüchtlingsunterkünften übergeben.

Die Aufgaben haben sich im Laufe der Jahre also verändert, von der Erstversorgung hin zur Begleitung. Im gleichen Zuge wurden die Angebote auch für Migranten geöffnet. Das trifft auch für den in Froschhausen angesiedelten FUNDUS zu. Heute gibt es dort keine festen Ausgabezeiten mehr, er wird nur noch bei Bedarf geöffnet. Die von der Stadt zur Verfügung gestellten Räume im Erdgeschoss wurden für das Stadtarchiv geräumt, das Lager befindet sich nun im Kellergeschoss. „Jetzt suchen wir nach Räumlichkeiten für ein Sozialkaufhaus“, sagt Claudia Hartl, die seit vielen Jahren den Betrieb im FUNDUS organisiert.

Die größte Veränderung für den AK Willkommen gab es unlängst, denn die Mitglieder des Lenkungskreises sahen sich zu Gründung eines Vereins gezwungen. „Die Finanzverwaltung hat den bisherigen Weg zur Akquisition von Spenden und zur Verwaltung unserer Finanzen in Kooperation mit der katholischen Kirchengemeinde nicht länger zugelassen“, berichtet Henning Berz. Also sei man gezwungen gewesen, den Verein „Willkommen in Seligenstadt e.V.“ zu gründen. Das sei nun erfolgt, die Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes liege vor, man könne weiter und mit neuen Ideen die Integration von Geflüchteten und Migranten unterstützen. Denn das sei eine langfristige Aufgabe, darin seien sich alle ehrenamtlichen Unterstützer im AK Willkommen einig. Sich in einer anderen Welt zurechtzufinden, dauere viel Jahre, gehe manchmal erst im Laufe von Generationen. „Unsere sehr auf wirtschaftliche Erfolge ausgerichtete Gesellschaftsstruktur unterstützt solche Prozesse meist nur unzureichend“, behauptet Jürgen Schneider, ebenfalls Mitglied im Lenkungsteam. Schon deshalb sei die Fortführung der Arbeit des AK Willkommen wichtig für das Zusammenleben in Seligenstadt.

Das Foto zeigt Marlit Budis (AK Willkommen, links) zusammen mit Katharina Lange (Integrationsbüro der Stadt Seligenstadt, rechts) bei der Übergabe von gespendeten Atemschutzmasken für Flüchtlingsfamilien und Migranten vor der städtischen Übergangsunterkunft Am Reitpfad in Froschhausen.
Foto: Schneider

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